Saturday, April 23, 2005

Wir können noch schlechter!

[Radio Werbespot der T-Com Auskunft im Berliner InfoRadio, etwa wie folgt gelaufen:]

Real-erheiternde Humoreske für 2 Sprecher in einem Akt:
T-Com Auskunft (TK), weiblich, seriös; Anrufer (QA), männlich, quäkisch, Humor-Haftigkeit trieft aus allen Knopflöchern

TK: Telefonauskunft..
QA: Haben Sie die Nummer von dem Treeenah ?
TK: Die Nummer von welchem Verein möchten Sie denn?
QA: Neiiin.. ich brauche die Nummer von dem Heim-Treeenah...

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Harr! Harr!

Offenbar legten es die Entscheider hier darauf an, Kampagnen von MediaMarkt ("Wir können nur billig") und Hornbach ("Hornbach bohrt nach") noch weiter zu toppen... sprich, die allgegenwärtige Rezeptur von Humor als AntiHumor noch weiter in Richtung Nichthumor zu unterbieten. Die Wirkung ist gnadenlos. Man könnte meinen, hier war das Ex-Team von Werner Beinhart am Werk - nach offenkundigem Burnout Syndrom von ihrem Auftraggeber entlassen und auf Bölkstoff Entzug, bekamen die Jungs mal wieder ne Chance. Und günstig zu haben waren sie allemal.

Nein, ich will hier nicht das Diktat des schönen Fußballs ... ähem.. des kreativen Humors einfordern. Aber was bitteschön will uns dieser Spot sagen? Wir können noch schlechter ! (??) ... No way.. Ein kümmerliches Falsett, das tönt Dieser Schuss geht nach hinten los, selbst wenn man es mit schrägen Fanfaren orchestriert, wird dennoch nach hinten losgehen.

Monday, April 18, 2005

Tunnelvision - Schirm-Herrschaft #2

Angela Merkel? Soll uns vorerst nicht interessieren. Nur soviel für heute: Dank ihr wurden rote Blazer zu einem nachhaltigen icon zeitgenössischer Ausstattung. Womit deren Hochkonjunktur so langsam überschritten sein dürfte. Hoffentlich!

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DWtv unterdessen wirkt sehr ermutigend. Etwa auf Hobby-Journalisten und wonnabes. So gleicht die geistige Höhe mancher Anmoderationen wahrlich keinem Mount Everest, welcher journalistische do-it-yourself Bastler abschrecken sollte.

Ein schönes Beispiel: In einer aufgezeichneten Schalte interviewt die Moderatorin einen Experten (vom Deutschen Institut ffür Wirtschaftsforschung). Das Thema ist der (kränkelnde) Wirtschaftsstandort Deutschland. Der Experte führt aus, Deutschland habe insbesondere im Bereich Entwicklung von Spitzentechnologien an Boden verloren. Es hapere zwar nicht an Grundlagenforschung, aber die Umsetzung in den Firmen und die Vermarktung wiesen Defizite auf. Die Moderatorin fragt, was dagegen zu tun sei. Antwort: Die Priorität müsse auf Forschung und Entwicklung gelegt, das Universitätssystem aber reformiert werden, um Anreize für eine engere Kooperation zwischen Universitäten und Firmen zu schaffen, damit die Ergebnisse tatsächlich an den Markt kommen. Die Moderatorin fasst in hochphilosophischem Ton zusammen: "In Forschung und Entwicklung muss also investiert werden, will Deutschland ein moderner Industriestandort sein"

Ein Oscar für diese journalistische Leistung! ROFL Wohlgemerkt, die Schalte wurde vorher aufgezeichnet und für ihr anschließendes Fazit hatte sie alle Zeit der Welt.

Die englische Ausgabe des Journal, der Nachrichtensendung von DWtv, wirkt gleichermaßen handgestrickt. Beispiel vor zwei Wochen. Der Papst ist gestorben, offenbar musste heftig improvisiert werden. In the studio our religious correspondent.. Der gute Mann wirkt dermaßen nervös, dass selbst mitr voller Mitgefühl der Schweiß ausbricht. Und die an ihn gerichtete Frage wartet er nicht bis ans Ende ab, er fällt ins Wort und fängt an, ohne Punkt und Komma zu reden... Später Schalte nach Rom, Petersplatz. Now our italian correspondent... Dieser Kollege nun spricht zwar wesentlich gedehnter, aber jede seiner zahlreichen Pausen füllt er mit ein bis zwei Ähs auf.

Ich hatte Mitleid mit den Jungs. Jahrelange Off-Sprecher Erfahrung hilft halt wenig, wenn man so ins kalte Wasser geworfen wird. Deshalb: Gebt den Jungs ausreichend Kamera-Erfahrung !

Thursday, April 14, 2005

Tunnelvision - Schirm-Herrschaft #1

Bemerkenswert, wie sehr die "Wir können nur billig" und "Geiz ist geil" Maxime in Deutschland immer weiter um sich greift. Ausgesprochen schön zu beobachten auch bei DWtv, dem von der Bundesregierung budgetierten Auslandsfernsehen, dessen Auftrag unter anderem auch darin besteht, rund um den Globus ein positives Bild über Deutschland zu vermitteln.

Offenbar gehört zu diesem Bild, keinen Neidfaktor aufkommen zu lassen. Neid etwa in der Form, die Deutschen hätten Geld im Überfluss und würden dieses für Eindruck machende Bekleidung ausgeben. Oder wie sonst sind die schlecht sitzenden Anzüge der Moderatoren bzw die Kostümierungen der Moderatorinnen zu erklären ?

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Flankierend wäre zu vermuten: Unser Bundeskanzler geht mit modestem Beispiel voran. Und die Firma, die die DWtv Moderatoren ausstattet (und sicherlich auch nicht üppig budgetiert ist), nimmt sich diesen zum Leitbild für alle Moderatoren. Der Vorteil einer solchen policy ist offenkundig: Herr Schroeder als Vater aller Moderatoren-Ausstattungen ist eine seriöse Wahl. Und eine allzu aufwendige Recherche-Tiefe ist auch nicht vonnöten.

Nebenbei bemerkt: Und was ist mit Frau Merkel?

Saturday, April 09, 2005

Psychologische Dampfwalze. Gladbach wird absteigen!

Dick Advocaat, als Trainer 'mit internationalem Renommee' mitten in der Saison verpflichtet, sollte auch den Anspruch der 'Mönche' unterstreichen, mittelfristig wieder die internationalen Startplätze zu erreichen. Inzwischen ist die Borussia nur noch 3 Punkte von einem Abstiegsplatz entfernt.

Sieben (!) neue Spieler zur Winterpause zu verpflichten, mag durchaus die spielerische Qualität und die taktischen Möglichkeiten des Teams erhöhen. Die Risiken allerdings liegen auf der Hand.

Bis die Mannschaft nach einem solchen Radikalschnitt wieder eingespielt ist, vergeht geraume Zeit. Unter Umständen zuviel Zeit, wenn der Bruch mitten in der Saison erfolgt ist.

Wichtiger aber noch: Wie wirkt sich eine solche Maßnahme auf die Spieler aus, die schon länger zum Kader gehören? Stellen sich Erfolge ein oder verbessern sich wenigstens die Darbietungen des Teams, dann könnte die aufkeimende Euphorie auch diejenigen beflügeln, die sich inzwischen auf der Ersatzbank oder der Tribüne wiederfinden.

Stattdessen scheint Dick Advocaat ein ausgesprochener zwischenmenschlicher Hardliner zu sein, der die Einsamkeit und Unumstößlichkeit seiner taktischen Entscheidungen über alles stellt. Findet ein Spieler keinen Platz darin, hat er die Schuld allein bei sich zu suchen. Psychologischer Darwinismus.

Auffällig ist, dass kaum einer der vor Advokaat verpflichteten Spieler in letzter Zeit sich weiter entwickelt hat. Umso bemerkenswerter dann, dass der Gladbacher Broich, von vielen als großes Talent für die Kreativabteilung gerühmt, aber ohne nennenswerte Einsätze unter Advocaat, als Rosicky Nachfolger bei Dortmund im Gespräch ist.

Bei M'gladbach zeichnet sich ab: Erst sank das atmosphärische Klima in den Keller. Und postwendend folgt der tabellarische Absturz in ebendiesen.

Sprecher-Nachschulung für Sabine Töpperwien!

Besser wäre es.

Ein 'natürlicher' oder rein-sachlicher Sprechstil nicht DIE Referenz für Sportreporter. Wir sind es von ihren Reportagen, insbesondere über Fußball, gewohnt, dass die Reporter ihren Sprechstil der Dramatik des Spielverlaufs anpassen. "Goooooooooooool", der Klassiker aus Brasilien. Wer kennt ihn nicht! Oder "Toooor! Toooor! Toooor!", der stimmliche Stunt von Herbert Zimmerman, als Deutschland 1954 im WM Finale das 3:2 gegen Ungarn schoss.

Fast vergessen sind (natürlich) Highlights stimmlicher Tieffliegerei. Etwa die tastenden Versuche der Privatsender Mitte der 80er Jahre. Reporter von RTL oder SAT 1, die in dieser frühen Phase bei Fußballspielen am Mikro saßen, hatten offenbar die Anweisung, ihre Reportagen zum Event zu machen. Kam der Ball auch nur in die Nähe des Strafraums, fing die Stimme des Reporters bereits an, sich zu überschlagen.

Dieser Stil kam nicht besonders gut an. Eine Aufgeregtheits-Dynamik mit mehr Credibility scheint bei Fußballreportagen also Pflicht zu sein.

Sabine Töpperwiens Stil hat zusehends Schlagseite dadurch bekommen, dass sie fast jedes Wort in die Lääänge deeehnt. Zum einen scheint dieser Stil ihr stimmliches Vermögen zu überfordern, ihre Darbietung klingt häufig herausgequetscht. Und andererseits sääägt eine derart unnatürlich klingende Betonungs-Dynamik außerordentlich an den Nerven des Zuhörers.

Deshalb, Sabine, bitte lass Dich nachschulen!

Friday, April 08, 2005

T-Online Call-Center. Und der Kunde ist Neese

Heise meldet, dass die Telekom mit Hilfe eines Call-Centers Kunden kontaktiert hat und diesen Tarifänderungen unterschob, die diese eigentlich nicht gewollt hatten. Die Verbraucherzentrale, die sich des Falls angenommen hat, schließt auf "tausende Betroffene", "die hier von Telekom-Werbern regelrecht 'überrumpelt' worden seien. Nicht schön.

Richtig interessant wird es im Heise Leserforum, worin ein T-Online Call-Center-Mitarbeiter ausführliche Erfahrungsberichte postet. Das liest sich wie eine Räuberpistole, erscheint aber glaubhaft.

Nur ein paar Kostproben:

Anscheinend werden von T-Online die billigsten Call-Center-Betreiber gewählt, und diese versuchen mit rigiden Anweisungen an ihre Mitarbeiter "effizient" zu arbeiten. So dürfen Kundengespräche nicht länger als 2 Minuten dauern. Ist die Zeit um, werden die Kunden einfach an eine andere, nicht zuständige Hotline weitergeleitet.

Wenn Kunden falsch gelieferte oder defekte Modems oder Router erhalten haben, schicken sie diese zurück. Trifft nach gewisser Zeit kein Austauschgerät ein, wenden sie sich an die Hotline. Im Call-Center wird darauf lediglich eine Aktennotiz gemacht. Der Mitarbeiter:
"Ich habe schon tausende Kunden im Computer gesehen, die auf ihre Austausch-Hardware warten. Bei diesen tausenden von Kunden habe ich aber noch nicht ein einziges Mal einen Kunden gesehen, der tatsächlich jemals einen Austausch erhielt. Zum Teil rufen die Kunden seit einem Monat täglich (!) an. Täglich wird eine Notiz weitergeleitet, ohne daß dies irgendeinen Menschen bei T-Online interessiert."

Natürlich besteht ein hoher Druck seitens des Call-Centers, mit den Kunden neue Verträge abzuschließen. In diesem Zusammenghang dürfte obige Heise-Meldung stehen.

Die Mitarbeiter des Call-Centers sind gleichermaßen zu bedauern. Größtenteils ehemalige Hartz IV-Empfänger, arbeiten sie 30 Stunden die Woche, für €6 die Stunde. An freien Tagen besteht unentgeldliche Bereitschaftspflicht. Es fallen häufig Überstunden an, entgolten werden diese aber erst ab 150 geleisteten Überstunden.

Der ausgesprochen schlechte Ruf des ehemaligen Staatskonzerns kommt anscheinend nicht von ungefähr.