Friday, October 21, 2005

Saddams Strategie

"Ich bin der rechtmäßige Präsident."

Sinngemäß mit diesen Worten sprach der ehemalige irakische Diktator am ersten Tag des Sondertribunals dem Gericht jegliche Legitimation ab, über ihn zu urteilen. Allerdings erklärte er sich nach diesem Wortwechsel mit dem vorsitzenden Richter für nicht schuldig.

Welches Ziel mag der in der Vergangenheit stets fintenreiche ehemalige Tyrann sich zurechtgelegt haben? Oder haben ihm die Schikanen seiner amerikanischen Bewacher, Kontakt- und Informationssperre derart zugesetzt, dass er den Bezug zur Realität verloren hat? Kaum anzunehmen. Das Gericht einfach nicht anzuerkennen, ist zum Scheitern verurteilt. Das dürfte Saddam klar sein. Genauso gut könnte er sich zum Marsmenschen erklären, somit der irdischen Gerichtsbarkeit entzogen...

Aussichtsreicher wäre vermutlich, die unter seiner Herrschaft begangenen Greueltaten mit der damaligen irakischen Gesetzeslage und/oder staatlichem Notstand zu rechtfertigen.

Trotzdem wählt er diese absurd anmutende Strategie. Möglicherweise, weil er sich bewusst ist, dass er sowieso keine Chance hat, sein Todesurteil quasi schon beschlossene Sache ist. Und es ihm nur noch darum gehen kann, als Märtyrer zu enden. Und davor soviel Staub wie nur möglich aufzuwirbeln.

Äußerst kritisch wird der Saddam-Prozess in der arabischen Presse jetzt schon thematisiert. Nicht nur aufgrund des amerikanischen 'Hostings' - 50 Berater und 128 Millionen US-Dollar Finanzhilfe wurden bereitgestellt. Vielmehr noch wundert man sich über den Hauptanklage-Punkt, den Tod von 143 Menschen in der schiitischen Stadt Dujail. Angeblich, so das irakische Gericht, sei wegen der Beweislage dieser Fall am leichtesten zu verhandeln, und ein Schuldspruch in diesem einen Punkt reiche schon für die Todesstrafe. Also kommen gravierende Massaker wie der Giftgas-Einsatz gegen rebellierende Kurden oder iranische Truppen nicht auf den Tisch. Vor allem aber deshalb nicht, so vermuten arabische Kommentatoren, weil "die Vereinigten Staaten zu eng mit Saddam verbündet waren, als er seine schlimmsten Ausschreitungen gegen Kurden und Schiiten beging [...] Die Doppelmoral dieses Prozesses ist abstoßend."

Nach 3 Stunden am ersten Verhandlungstag wurde der Prozess auf den 28. November vertagt.

Wednesday, October 12, 2005

[Update] Video iPod - Wie erwartet !

Steve Jobs präsentierte zwei neue Modelle, 30 GB ($299) und 60 GB ($399). Allerdings wurden sie nicht offiziell "iPod Video" getauft. Offenbar will man die hinzugekommene Video-Funktionalität nicht zu sehr herausstellen, ein Blick auf die Akku-Laufzeiten zeigt warum.
30 GB Modell: bis zu 2 Stunden Video-Playback
60 GB Modell: bis zu 3 Stunden Video-Playback

Hier sind die technischen Daten.

Die native Auflösung des 2,5 Zoll Displays beträgt 320x240 Pixel. Auf den bekannten Geek Foren gab es sofort großes Gemaule. Wie ? So eine schwache Auflösung? Niemand räumt dabei ein, dass eine höhere Auflösung die Laufzeiten noch weiter in den Keller ziehen würde. Außerdem: Unterstützt werden auf dem iPod bis zu 768 Kbps, bei 30 Frames pro Sekunde. Das müsste für gute Qualität reichen, wobei ich zugegebenermaßen keine Erfahrung mit dem dabei verwendeten "Baseline Profile" habe.

Ein Tutorial für die Konvertierung eigner Videos zum iPod Playback bietet Apple hier.

Das als Zubehör käufliche iPod Universal Dock stellt zudem Audio- und Videoausgänge bereit, etwa um einen Fernseher anzuschließen.

Die neue Video-Funktionalität des iPods soll, wie ich zuvor vermutete, Apple dabei helfen, seine Marktposition abzusichern. Wesentlichster Teil dieser Strategie dürfte es sein, attraktiven Content über Apple's iTMS anbieten zu können. Ab sofort sind dort 2000 Musikvideos verfügbar (Downloadpreis jeweils $1,99). Außerdem hat Apple eine Kooperation mit ABC und Disney abgeschlossen und 5 derer TV-Shows können einen Tag nach Ausstrahlung downgeloaded werden (ebenfalls für $1,99). Zum Einkauf im 'Videostore' sind Updates auf die neusten Softwareversionen erforderlich - iTunes 6.0 und Quicktime 7.03 (Mac und PC).

Nein, noch kein Mutantenstad'l ! Oder andere deutsche Shows. Natürlich sind die 2000 Musikclips und 5 US Shows erst der Anfang. Es ist aber gut vorstellbar, dass die Musikvideos zunächst die nötige öffentliche Auffmerksamkeit erzeugen. Aber dass längerfristig der Download von TV-Material, nach schrittweiser Erweiterung des Angebots, ein ebenso großes Geschäft werden könnte.

Schließlich noch: Wer sehr Apple mittlerweile Kult geworden ist, sieht man auch daran, dass etwa ntv in seinem Wirtschaftsmagazin, das zeitgleich zu Steve Job's Keynote lief, quasi einen Live Update Service lieferte.

"One more thing..." - iPod Video !


Steve Job's Keynotes sind Kult. Und Apple's CEO ist sich dessen wohl bewusst. Fast schon zum geflügelten Wort wurde seine Angewohnheit, die wichtigste Produktneuheit, diejenige, worauf alle schon die ganze Zeit gespannt warten, erst ganz gegen Ende mit "One more thing..." einzuleiten.

Nun bekamen Analysten und Medienvertreter eine Einladung für einen special event am Mittwoch, 12. Oktober - One more thing... Keine weiteren Details wurden den Wichtigen der Branche serviert.

Über Apple Neuheiten wird vermutlich mehr als über die Pläne jeder anderen Firma spekuliert. Und eine lakonische Ankündigung wie diese heizt die Gerüchtemühlen nur noch weiter an. Die Analysten sind sich weitgehend einig: Einen Monat nach der Vorstellung des Winzlings iPod Nano (ebenfalls auf einem special event) wird jetzt der iPod Video kommen.

Allerdings wurde Steve Jobs noch bis vor kurzem nicht müde, genau ein solches Produkt kategorisch auszuschließen. Video reduziere die Laufzeit der Akkus viel zu schnell. Und überhaupt, wer wolle schon Videos auf einem Mini-Display sehen?

Gute Argumente.. Aber jenseits dieser technischen Widrigkeiten hat Apple ganz andere Prioritäten, nämlich Marktnischen besetzen und absichern, bevor dies andere tun. Und der Download von Videoclips, insbesondere von Musikvideos, könnte strategisch eine Schlüsselrolle bekommen, das Erfolgstandem iPod Player und iTunes Musicstore weiter auf Erfolgskurs zu halten (mit 80 - 85% Marktanteil in den USA z. B). Der iPod Video macht marktpolitisch eindeutig Sinn.

Als Videoformat wird Apple natürlich ein portables Profil von AVC/H.264 einsetzen. Seit seiner Einführung mit Quicktime 7 wurde der vom MPEGLA Konsortium lizensierte Codec quasi von einem Tag auf den anderen zu Apple's Hausformat. Seine massenhafte Verbreitung über iTMS und iPod würde den von Apple protegierte Codec gegenüber der Konkurrenz, insbesondere Microsoft's WMV, entscheidend voranbringen. Ein zweiter strategisch wichtiger Grund für den iPod Video.

Man kann gespannt sein, wie Steve Jobs seine bisherige (vermeintlich) ablehnende Haltung verkaufen wird.