Wednesday, June 27, 2007

Abgewickelt à la Obrigkeitsstaat


Baden-Württembergischer Innenminister lässt HipHop Video löschen wegen Gewaltverherrlichung

DEINELTAN, HipHop Combo aus Berlin-Wedding, hat RICHTIG Aufsehen erregt. Bis in deutsche Amtsstuben. Genauer gesagt das Video zu ihrem Song "Fickt die Cops"

Die tonlos-ungeübte Kommentarstimme am Anfang könnte auch aus einem Lehrfilm der Polizei stammen: Der Film zeigt das Berufsrisiko jeder Polizistin, jedes Polizisten im täglichen Einsatz für den Bürger... Danach ist Schluss mit Didaktik und Dokumentation - außer man meint, auf dem Lehrplan könnten auch Krassmaten stehen. Bilder von Polizeieinsätzen, dazwischen die Jungs von DEINELTAN, kool mit Sonnenbrille, auch im 'Einsatz', 1. Mai Randale, Stein-, Flaschenwürfe und brennende Autos sind zu sehen. Und die Rapper von DEINELtAN stilisieren abwechselnd ihre alles andere als de-eskalierende Vision über Kontakte mit der Polizei.
Fickt die Cops
Fickt die Cops

Fickt die fickt die Cops
Fickt die Cops

Bullenschweine

... ist der Refrain.

Vereinzelt werden Diskrimierungen und Schikanen eingestreut (einer der Rapper ist Schwarzer), im Vordergrund aber steht (Kampfansage 1. Mai) Militanz gegen Polizisten. Und mitunter geht es textlich voll zur Sache:
Ein guter Cop ist ein Cop
der sich den Kopf über den Asphalt drückt

Gib ihm mit dem Teleskop

(dazu angedeuteter Schlag mit einem Teleskop Schlagstock)

...

Ein Cop ist ein guter Cop

blutet er die Straße voll

Für Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech ein Straftatbestand: Gewaltverherrlichung. Das Video, das im Internet allgemein zugänglich ist und in zahlreichen Textpassagen die Polizei beleidigt und diffamiert, ist völlig indiskutabel und darf nicht hingenommen werden. Ich bin nicht gewillt, solche Auswüchse zu tolerieren. Er erstattet Anzeige bei der Generalstaatsanwaltschaft Berlin. Und will auf eine Entfernung dieser Internetseite hinzuwirken. In einer späteren Meldung heißt es: Die Sperrung ist auf den Weg gebracht. Die Betreiber der Seite wurden abgemahnt.

Die Webseite der Combo ist nach wie vor online, das Video dort aber nicht mehr zu sehen. Wohl aber auf ihrer MySpace Seite oder auf YouTube.

Mag sein, dass die Denkweise eines wackeren Innenministers in juristischen Fragen sehr zugespitzt funktioniert. Aber immer noch geht es hier um eine Güterabwägung: Zwischen Verherrlichung von Gewalt und künstlerischer Freiheit. Und es stellt sich die Frage, mit welcher UNVERMITTELTHEIT staatliche Stellen missliebige Inhalte einfach ausschalten können. Inhalte, die etwa in Videospielen oder in Filmen (bisher) problemlos dargestellt werden können. Natürlich soll damit nicht gesagt werden, dass DEINELTAN Gewalt gegenüber der Polizei (wie das Kino) einfach nur DARSTELLEN. Die Band als solche präsentiert generell eine sehr militante Attitude. Letztendlich zeigt das aber immer noch, dass das Problem komplizierter ist und quasi in einem Daumen-nach-unten Handstreich einer obrigkeitsstaatlichen Maßnahme entsorgt werden darf.

DEINELTAN haben nicht den ersten Song diesen Kalibers vorgelegt. Einige Vorgänger wurden ausgesprochene Klassiker.. der Musikgeschichte! Erinnert sei nur an Bob Marley's "I shot the Sherrif", ursprünglich "I shot the Police" betitelt. Mit seiner Coverversion erreichte Eric Clapton die Spitze der US Charts. Oder an N.W.A mit ihrem 1988er Klassiker "Fuck The Police".

DEINELTAN dürfte über Herrn Rechs Aktion eher erfreut sein. Zwar ist dessen Abmahnung mit Sicherheit kostenbewehrt (vermutlich einige 1000 Euro wert). Bekanntheitsheitsgrad und Verkäufe der Marke DEINELTAN haben sich damit aber ver-xfacht. Was aber bleibt ist der beißende Geruch von Zensur, zumindest solange die staatliche Maßnahme nicht besser vermittelt wird. Gut, die Generalstaatsanwaltschaft wird den Fall wohl nicht im Handstreich entscheiden.

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