Thursday, July 16, 2009

Ursula von der Leyen und Indien: Noch merk-resistenter geht es nicht

Das Websperren-Gesetz wurde im Eiltempo durchgepaukt. Unter anderem mit dem Hinweis darauf, dass knapp 100 Länder keine gesetzlichen Regelungen gegen die Verbreitung von Kinderpornographie hätten. Aha. Schließlich wurde als ein Beispiel Indien genannt. Indische Diplomaten wiesen den Vorwurf zurück. Heise hat Details zu dem Vorgang:

Laut indischer Darstellung wird Kinderpornographie in Indien seit 1973 strafrechtlich verfolgt. 2008 wurden eine Reíhe von auf das Internet bezogene Bestimmungen erlassen, mit zum Teil drastischer Tragweite. Die Bunderfamilienministerin hatte sich auf eine ICMEC-Studie von 2006 berufen. Und pickt sich das ihr genehmste Wahrnehungsfragment heraus: "Erste Überprüfungen haben ergeben, dass der Hinweis korrekt ist". Eine aufs trefflichste passende Studie, und man ist aus dem Schneider. Und so ist es lediglich "sehr bedauerlich", dass die "jüngste Entwicklung in Indien" von der Quelle bisher nicht erfasst wurde. Alles also nur ein bedauerliches Aktualisierungsproblem.

Die letztes Jahr in Indien neu aufgelegten Bestimmungen sind Teil einer Novelle des IT-Gesetzes. Mit anderen Worten, es wurden geltende Gesetze explizit auf das Internet ausgeweitet. Darin wird z. B. der Konsum JEDWEDER Art von Pornographie unter Strafe gestellt. Selbst das Aufrufen regulärer Pornseiten durch einen einzelnen Konsumenten kann mit bis zu zwei Jahre Haft belangt werden. Es braucht keine große Vorstellungskraft, um zu begreifen, dass hier nicht plötzlich mit dem Internet eine gänzlich neue Moral, und damit Sanktionslage, verankert wurde. Der bloße Konsum von regulärem Porn, und noch viel mehr von Kinderpornographie, war vorher schon massiv sanktionswürdig.

Davon gänzlich berührt, tänzelt die CDU-Familienpolikerin unverdrossen um ihr winziges Wahrnehmungspartikel, die ominöse ICMEC-Studie. Sie hält die jüngsten Änderungen in Indien, die im übrigen staatlichen Willkürmaßnahmen Tür und Tor öffnen (siehe Heise-Artikel) für "sehr erfreulich". Ein Zeichen, dass in Indien "der politische Wille zur Bekämpfung des Problems jetzt klar vorhanden ist".

Spätestens jetzt fragt man sich, welche Länder noch in der Studie genannt werden. Eigentlich nicht mehr überraschend, erscheinen darin fast ausnahmslos die unterentwickeltsten Dritte Welt Staaten, sowie eine ganze Reihe von islamischen Ländern. Es glaubt doch niemand im Ernst, dass in letzteren Kinderpornographie von der Strafverfolgung ausgenommen bliebe. Es bleibt mir, selbst unter Zugrundelegung primitivster Denkstrukturen, unbegreiflich, wie eine Politikerin eine derartige Argumentation durchzuziehen versucht.

Im Heise Leserforum wurde die komplette Staaten-Liste gepostet:

95 Countries Have No Laws




Africa

Angola, Benin, Botswana, Burkina Faso, Burundi, Cameroon,
Central African Republic, Chad, Comoros, Congo, Cote
d’Ivoire, Democratic Republic of Congo, Equatorial Guinea,
Eritrea, Ethiopia, Gabon, Ghana, Guinea, Guinea Bissau,
Kenya, Lesotho, Liberia, Malawi, Mauritania, Mozambique,
Namibia, Niger, Nigeria, Rwanda, Sao Tome & Principe,
Senegal, Seychelles, Sierra Leone, Somalia, Sudan,
Swaziland, Togo, Uganda, Zambia, Zimbabwe

Asia & the Pacific

Bangladesh, Cambodia, Fiji, India, Indonesia, Laos, Malaysia,
Maldives, Marshall Islands, Mongolia, Nauru, Pakistan,
Singapore, Thailand, Timor Leste, Vietnam

Europe & Eurasia

Afghanistan, Albania, Azerbaijan, Moldova, Monaco,
Turkmenistan, Uzbekistan

Latin America & the Caribbean

Antigua & Barbuda, Bahamas, Belize, Bolivia, Cuba,
Dominica, Grenada, Guyana, Haiti, Jamaica, Netherlands
Antilles, Nicaragua, St. Kitts & Nevis, St. Lucia, St. Vincent &
the Grenadines, Suriname, Trinidad & Tobago

Middle East & North Africa

Algeria, Bahrain, Djibouti, Egypt, Iran, Iraq, Jordan, Kuwait,
Lebanon, Libya, Oman, Saudi Arabia, Syria, United Arab
Emirates, Yemen

Quelle:
http://www.icmec.org/en_X1/pdf/SummerNewsletter2006formatted.pdf

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