Tuesday, January 09, 2007

Der lange Arm Chinas

Berliner Blogger ins Reich der Mitte vorgeladen


Ein chinesischer Blogger berichtet ausführlich, wie in seinem Land ausländische Produkte kopiert werden. Kann man sich kaum vorstellen. Schließlich ist dieser Blogger nicht ... freiheitsmüde. Ein deutscher Blogger schildert Beispiele, wie chinesische Firmen kopieren - reist niemanden vom Hocker und hat man schon öfter gehört. Und sollte folgenlos bleiben, würde man meinen. Der Berliner Blogger Ron Aron Hillmann machte eine andere, unangenehme Erfahrung.

Am 19. Oktober 2006 berichtete der Spiegel in seiner Online-Ausgabe über eine Klage, die MAN in China eingereicht hat. Der Vorwurf: Die "Industrie- und Autogruppe Zonda" habe einen Luxusreisebus der MAN Tochter Neoplan haarklein nachgebaut. In seinem Blog erzählte Hillmann die Spiegelgeschichte inhaltsgetreu nach. Selnst der Einleitungssatz des Spiegelreports "Hemmungslos kopieren chinesische Geschäftemacher ausländische Markenartikel" fand sich in dem Blog wieder, allerdings hatte Hillmann "hemmungslos" minimal verschärft zu "schnell und skrupellos". Inzwischen ist dieser Satz aus dem Blog entfernt. Offensichtlich fürchtet er, insbesondere wegen dieses Satzes ins Fadenkreuz geraten zu sein.

Wie der Spiegel jetzt berichtet, erhielt Hillmann am 5. Januar eine Klageschrift (inklusive deutscher Übersetzung) eines Gerichts der Stadt Yancheng in der chinesischen Provinz Jiangsu, übermittelt durch das Amtsgericht Berlin-Mitte. Zhongwei Bus - deren Tochter Zonda zuvor von MAN verklagt worden war, hatte die Klage eingereicht und Hillmann wird darin vorgeworfen, den "Handelsruf des Klägers stark geschädigt" zu haben. Er solle am 17. Juli 2007 um 9 Uhr (Pekinger Ortszeit) in Yancheng erscheinen. Außerdem solle er innerhalb von 30 Tagen eine "schriftliche Einlassung" abgeben (= seine Vorwürfe zurückziehen und sich entschuldigen).

Hillmann hat sich den (laut Spiegel) enommierten Anwalt Alexander von Kalckreuth genommen. Und der hat ihm geraten, das chinesische Schreiben auf keinen Fall zu ignorieren. Denn dann könnte er in Abwesenheit rechtskräftig verurteilt werden. Und die Chinesen würden eine (sicherlich beträchtliche) Summe per Rechtshilfeverfahren einfordern.

Der Fall klingt zunächst dramatisch absurd. Demnach könnte jedem Blogger blühen, wegen irgendeiner juristischen Konstruktion vor irgendein Gericht auf dieser Welt vorgeladen zu werden. Kaum zu glauben. Und im konkreten Fall hat Hillmann als Autor klar erkennbar lediglich die Geschichte einer anderen Quelle eins zu eins nacherzählt. Warum also wurde also nicht der Spiegel verklagt? Vermutlich hat man sich, als einen ersten Schritt, zunächst den (finanz-)schwächsten Gegner ausgesucht, um zu sehen wie gut das Eis trägt. In der Tat ein brisanter Fall !

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